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Ein Hafen macht auf
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Ein Hafen macht auf

Baltimores Inner Harbor soll revitalisiert und noch mehr ein Ort für Menschen werden. Die beauftragten Architekten von 3XN wissen, was sie tun, denn Kopenhagen hat dieselbe Entwicklung bereits hinter sich.

Seit den 1950er-Jahren haben die Hafenstädte der Industrienationen einen tiefgreifenden städteplanerischen Wandel durchgemacht. Logistische und technologische Umwälzungen in der Seeschifffahrt haben zu einer völligen Neuorganisation des Hafenbetriebs geführt. Der Siegeszug des Containers und der damit einhergehende erhöhte Flächenbedarf haben dazu geführt, dass sich die Umschlagterminals außerhalb der Städte angesiedelt haben. Die dadurch freigewordenen Flächen am Wasser sind unter dem Schlagwort Waterfront Revitalisation vielerorts zum Kernstück der Stadterneuerung geworden. 

Harborplace Baltimore, Inner Harbor, 3XN
Anstelle des desolaten Shopping Centers Harborplace in Baltimore soll ein ikonischer und klimaresilienter Neubau treten.

In Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen etwa hat sich dadurch die Lebensqualität der Bewohner enorm erhöht. War das Hafenwasser früher eine stinkende Brühe, so wird heute darin gebadet. Öffentliche Hafenbäder von Star-Architekten, Saunaanlagen und schwimmende Parks haben das Wasser für die Stadtbewohner erschlossen und zum Naherholungsgebiet gemacht. 

Baltimores Inner Harbor 2.0

Die US-amerikanische Hafenstadt Baltimore hat eine ähnliche Entwicklung durchgemacht. Der Inner Harbor, der 1980 feierlich eröffnet wurde, ist heute das touristische Zentrum der Stadt. Für die Umgestaltung und Aufwertung des Hafengebietes wurde die Stadt damals mit zahlreichen Awards ausgezeichnet. Doch im Laufe der Jahrzehnte wurden die Promenaden-Pavillons marode, und die Stadtverwaltung hatte mit dem Problem zu kämpfen, dass sich im Hafenbecken der Müll sammelte. 

Harborplace Baltimore, Inner Harbor, 3XN
Wasserseitig zieht sich die Fassade des neuen Hafenzentrums in Form von geschwungenen Terrassen nach oben.

Die nächste Erneuerung stand an und der Healthy Harbor Plan bescherte dem Areal unter anderem das Müll-Sammel-Boot Mr. Trash Wheel, das seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2008 bereits viele Hundert Tonnen Abfall aus der Chesapeake Bay geschaufelt hat. Das Naheliegende, nämlich dafür zu sorgen, dass der Müll erst gar nicht im Wasser landet, hebt man sich wohl für die nächste Runde der Hafenerneuerung auf.

Das konkave Design ist nicht nur ein ästhetisches Element – es schafft einen amphitheaterähnlichen Raum mit engen Bezügen zwischen den Aktivitäten auf jeder Ebene.

Jens Holm, Leiter des Nordamerika-Geschäfts von 3XN

Mit dem Revitalisierungsplan Inner Harbor 2.0 setzt nun auch eine architektonische Frischzellenkur ein, die das Hafengebiet um zusätzliche Anziehungspunkte erweitern soll: klimagerechte Parks, eine neue Fußgängerbrücke und einen Ersatzneubau für das heruntergekommene Einkaufs- und Marktzentrum Harborplace, das nach einer missglückten Übernahme in den letzten Jahren leer stand.

Harborplace Baltimore, Inner Harbor, 3XN
Im Inneren präsentiert sich das Gebäude als Holzbau mit offenen Grundrissen und versetzten Galerien.

Ein Gebäude als begehbare Landschaft

An seine Stelle soll nun ein ikonischer Neubau treten, der das zum Ausdruck bringt, was der Inner Harbor zum Leitbild hat: Der Hafen gehört den Menschen. Entwickelt wird das freiwerdende Areal vom lokalen Developer MCB Real Estate. Das geplante Gebäude an der Adresse 201 E Pratt St. soll sich in der Form eines Amphitheaters zum Wasser hin öffnen und eine öffentlich begehbare Dachlandschaft bilden, mit weiten Blickbezügen über die Bucht.

Der Entwurf dafür stammt vom Kopenhagener Büro 3XN, das sich mit visionären Bauten am Wasser – wie das Shenzhen Natural History Museum – bereits einen Namen gemacht hat. In Anlehnung an die geblähten Segel, die in der Bucht auf und ab schaukeln, hebt sich die Gebäudefront in einem Schwung von der Wasserkante bis zur Höhe der umliegenden Bebauung. „Das konkave Design ist nicht nur ein ästhetisches Element – es schafft einen amphitheaterähnlichen Raum mit engen Bezügen zwischen den Aktivitäten auf jeder Ebene“, erklärt Jens Holm, Partner bei 3XN und zuständig für Nordamerika.

Harborplace Baltimore, Inner Harbor, 3XN
Das neue Hafenzentrum soll ein Ort sein, an dem die Menschen zusammenkommen.

Breite Bürgerbeteiligung zu Beginn

In einem beherzten Prozess zur Bürgerbeteiligung hat man die Wünsche und Bedürfnisse der Einwohner eingefangen und in ein Konzept gegossen, das diese Inputs möglichst vielfältig abbilden sollte. „Diese Stadtentwicklung ist eine einzigartige Gelegenheit, den Raum neu zu denken und einen besseren Zugang zum Wasser für alle zu schaffen“, sagt David Bramble, Geschäftsführender Gesellschafter und Mitbegründer von MBC.

Dieser Entwicklungsprozess ist eine einzigartige Gelegenheit, den Raum neu zu denken und einen besseren Zugang zum Wasser zu schaffen.

David Bramble, Geschäftsführender Gesellschafter von MBC

Diesem Konzept zufolge soll das neue Hafenzentrum ein Ort sein, der kulturelle, gewerbliche und gastronomische Angebote bietet und dabei besonders lokale Unternehmen, Kunsthandwerker und Kreative unterstützt. Die räumlichen Möglichkeiten will man flexibel anlegen und auch Platz für eine öffentliche Markthalle schaffen. Konnte der Bestandsbau weder der Zeit noch den gestiegenen Umweltanforderungen standhalten, so setzt der Entwickler beim Neubau auf möglichst große Resilienz und Langlebigkeit.

Harborplace Baltimore, Inner Harbor, 3XN
Resilienz und Langlebigkeit stand bei der Konzeptentwicklung des Neubaus im Vordergrund.

Klimaresilienz im Fokus

3XN, die Innovationsabteilung des dänischen Architekturbüros, erarbeitete daher zusammen mit dem Design-Team eine Strategie. Das Ziel war ein Gebäude, das nicht nur ästhetisch und funktional ist, sondern auch nachhaltig und klimaresilient. Die Form des Gebäudes mit dem Aufwärtsschwung der Fassade trotzt den Küstenwinden, während die umfangreiche Fassadenbegrünung dem Regenwassermanagement dient. 

Kim Herforth Nielsen, Gründer und Kreativchef von 3XN, sieht große Parallelen zwischen Baltimore und seiner Heimatstadt Kopenhagen, die eine erfolgreiche Transformation des Hafens von einem Ort der Industrie zu einem Ort für Menschen hinter sich hat. „Bei diesem Projekt in Baltimores Inner Harbor können wir dasselbe tun – den Menschen einen Ort bieten, an dem sie zusammen sein und ihre Stadt feiern können.“

Text: Gertraud Gerst
Visualisierungen: 3XN

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